Der Himmel unter meinen Füßen oder die Welt steht Kopf“

 

Sie war ein erhabenes Geschöpf. Den schmalen Kopf mit den funkelnden Augen stolz erhoben. Das graue Fell glänzte im Sonnenlicht und war seidenweich. Ihr Gang – graziös und anmutig.

 

Keinen Widersacher duldete sie in ihrem Revier. Die Vögel stoben erschrocken auf, wenn sie vorüber schritt.

 

Keine Frage – sie war der Chef im Ring! Mit dem neuen Hund der Nachbarn gab es manchmal Ärger. Aber auch diese Töhle würde ihr eines Tages den nötigen Respekt zollen.

 

Anmutig sprang sie auf die weichen Polster der Gartenliege und räkelte sich in der Sonne. Sie döste leicht ein und nahm dennoch jedes Geräusch mit ihren spitzen Ohren wahr.

 

Sie richtet sich auf. Die langen Barthaare zittern als sie einen fremden Geruch wahrnimmt.

Sie springt auf, geht der Fährte nach. Der schlanke Körper ist angespannt, Ihr Jagdtrieb ist erwacht. Grazil schleicht sie durch das hohe Gras.

Leicht geduckt.

Da! Nur wenige Meter vor ihr! Ihr Mittagsimbiss!

Sie verharrt. Beobachtet ihre arglose Beute. Diese scheint von der drohenden Gefahr nichts zu bemerken und leckt sich über das struppige Fell.

 

Noch ein paar Schritte angeschlichen. Sie duckt sich. Setzt an zum Sprung. Stößt sich mit den Hinterbeinen kräftig ab und tötet ihr Opfer mit einem schnellen Biss ins Genick.

 

Gesättigt und zufrieden sucht sie ihren Mäusebau auf, während die Überreste der Katze der Verwesung preisgegeben sind.

 

 


 

Mein Leben als Topf

 

Kinder, Kinder! Ich kann Euch sagen….. Bin ich froh, dass ich hier endlich meine Ruhe habe. Was ich alles erlebt habe. Ich kann euch sagen…..

 

Als junges Ding war ich richtig attraktiv. Jeder, aber wirklich jeder, hat sich um mich gerissen. Ich hatte nämlich ein wunderschönes Dekor aus glänzendem Emaille.

So konnte man mich auch ungeniert auf die schönste Tafel stellen. Weil ich zu

jedem Service eine gute Figur gemacht habe! Hach, was wurde ich ich bewundert…

 

Meine Füllungen waren immer interessant.

Am liebsten mochte ich den Sonntagsbraten oder die Nudeln. Meist gab es die unter der Woche, wenn es schnell gehen musste.

Ab und zu wurde in mir auch eine Béchamelsoße zubereitet. Das fand ich besonders lustig, weil der Rührbesen immer so gekitzelt hat.

 

Je älter ich wurde, desto blasser wurde das Dekor. Ich durfte dann nicht mehr so oft auf den schön gedeckten Tisch.

Immer öfter musste ich für´s Grobe herhalten. Stundenlang stand ich mit ordinärer Fleischbrühe auf dem Herd.

Selbst Pudding wurde in mir gekocht! Pudding, das muss man sich mal vorstellen. Meistens brannte die Milch dabei an und wurde schmerzhaft aus mir heraus gekratzt.

 

Wie oft stand ich unausgespült mit eingetrockneten Speiseresten in der Spüle. Früh morgens wurde ich dann mit Edelstahl geschrubbt. Ich! Ein Emailletopf!

 

Irgendwann kam dann diese gusseiserne Ziege daher, die mit ihrer Beschichtung nichts anbrennen ließ.

Ja, ja…..das habe ich bemerkt. Ständig wurde sie mir vorgezogen.

 

Sie war aber auch wirklich hübsch anzusehen. Ich hab mich dann mehr und mehr zurück gezogen. Rutschte immer weiter nach hinten in den Schrank.

Dieser grenzte an den Backofen, so hatte ich es meistens schön warm.

Bis ich letzten Sonntag beim Entrümpeln erwischt wurde.

Immerhin bin ich immer noch zu hübsch für den Wertstoffhof. Das muss mir erst mal jemand nachmachen in meinem Alter. Ich bin jetzt Vintage!

 

Nun genieße ich meine Tage auf der Fensterbank und ihr kennt jetzt die Geschichte meines wechselhaften Lebens.

Also, beschwert euch nicht! Bloß weil ihr ein paar Dellen oder Kratzer habt!“.

 


 

In der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester liegt der 13. Monat verborgen und……

 

man ist geneigt sich seinen Gedanken und Wünschen hinzugeben. Man schwebt quasi gefühlsmäßig im Nirgendwo.

Schließlich befindet man sich „zwischen den Jahren“.

 

Weihnachten ist vorüber, erwartungsvoll ist der Blick aufs neue Jahr…

Was wird es bringen?

 

Resümierend starrt man in die letzten Wachsreste der Weihnachtskerzen.

War das vergangene Jahr so, wie man es sich vor Jahresfrist ausgemalt hat?

 

Die Woche bis Silvester wird zur gefühlten Ewigkeit. Was ließe sich jetzt noch alles erledigen?

Steuererklärung vorbereiten.

Eisschrank abtauen.

Post abheften.

Keller aufräumen. Auto aussaugen. Anna Karenina lesen und sich auf die Suche nach der verlorenen Zeit der letzten zwölf Monate begeben….

 

Während man Gedanken und Taten weiter vor sich her schiebt, fallen die Kalenderblätter zusammen mit den Nadeln vom dürren Christbaum.

 


 

Elflein“

 

Neugierig

wie Kätzchen

die Sahne schlecken

und die Welt entdecken

Wow!

 


 

Versenke dich in Träume“

 

Sie hat sich neue Gewandung gekauft. Extra für die Märkte in der kalten Jahreszeit. Ein Kleid aus schwerem Leinen mit langen Trompetenärmeln.

Ein Traum aus rot und schwarz. Das Oberteil ist mit Schnüren zu raffen und lässt sich so ihrer

schmalen Figur gut anpassen.

Das leichte Trägerkleid aus Baumwolle trägt sie darunter. Ein schwarzer dicker Umhang wärmt zusätzlich.

 

Ihre beringte Hand hält einen Becher mit warmem Hipogras. An einen Stehtisch gelehnt, beobachtet sie das bunte Treiben auf dem Mittelaltermarkt.

 

Die meisten Besucher sind gewandet. Viele mit auffälligen Accessoires geschmückt. Vor allem die Männer kommen oft in martialischer Ausrüstung daher.

Was wäre, wenn….. grübelt sie vor sich hin. Die Kommerzialisierung einer längst vergangenen Epoche hat einiges zur Verklärung eben dieser beigetragen.

 

Langsam geht sie weiter. Ein Schmied beschlägt den Huf eines Pferdes neu. Es riecht nach Dung und altem Schweiß.

Ein paar Schritte weiter preist ein Bäcker seine Brote an. Irgendwo quiekt ein Schwein. Fünf Hühner gackern in einem engen Käfig um ihr Leben.

Sie biegt um die Ecke, auf den Stufen eines Hauses sitzt ein circa zwölfjähriges Mädchen. Das Gesicht verrußt, die Kleidung nur grob geflickt.

Die nackten Füße starren vor Schmutz. Sie verkauft hölzerne Kämme und Knöpfe.

Aus Mitleid ersteht sie einen einfachen Kamm.

Der Gestank nach Unrat ist in dieser Gasse schier unerträglich. Sie will umkehren. Aber eine johlende Meute aufgebrachter Menschen kommt ihr entgegen.

Sie zerren einen jungen Burschen mit sich, der immer wieder stolpert und strauchelt.

Bestraft ihn!“….. „Betrüger!“

Der Pfarrer ist dabei und stimmt in den Kanon der wütenden Stimmen ein.

Ihr Blick fällt auf den nahen Brunnen und den schweren eisernen Käfig, der darüber hängt. In diesen wird der zitternde Bursche jetzt geschoben.

Eine gerechte Strafe für ihn.“, zetert ein altes Weiblein. „Das wird ihn künftig davon abhalten die Gewichte der Mehlwaage zu manipulieren!“

 

Mittels eines Seilzuges wird der Käfig herunter gelassen und senkt sich über das kalte Wasser des Brunnens.

Der Junge versucht seiner Strafe zu entkommen und klettert an den Käfigstäben nach oben. Die Menge tobt und grölt wie eine wütende

Meute Hunde.

Taucht ihn!“ und andere Schmährufe sind immer wieder zu vernehmen……